13. - 19.02.2022 Mehrtageswanderung in 7 Tagen von Steinegg nach Brixen
Schon seit einigen Jahren schwirrte uns die Idee im Kopf, eine mehrtätige Wanderung zu unternehmen. Die Tour sollte von Steinegg aus starten und in Steinegg auch wieder enden, ohne viel mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu reisen. Da wir arbeitsbedingt nur zwischen Allerheiligen und Ende März Urlaub machen können, ist es nicht ganz einfach solche Mehrtagestour durchzuführen: kurze Tage im Winter, Wetterbedingungen, geschlossene Unterkünfte und Almhütten galt es zu beachten.
Ursprünglich hatte ich eine Tour in Richtung Trento geplant, musste aber feststellen, dass es - sobald man die touristischen Zonen verlässt - sehr schwierig, dort im Winter Unterkünfte zu finden. Durchs Etschtal zu wandern war mir zu langweilig und eher unattraktiv, auch den Vinschgau haben wir mal ans Ende der Liste geschoben. So fiel die Wahl unter Berücksichtigung der Schnee- und Wetterlage schlussendlich auf das Eisack- und Grödertal mit Endstation Brixen. Die Route war schnell geplant. Die meisten Wege kannte ich bereits vom Mountainbiken, aber nicht vom Wandern und konnte nicht genau einschätzen, wir weit wir über mehrere Tage kommen würden. Es macht halt schon einen großen Unterschied, ob man einige Stunden an einem Tag wandert oder mehrere Tage hintereinander.
Mitentscheidend für die diese Route waren auch die Menschen, die wir treffen wollten und die Ortschaften, wo wir passende Unterkünfte finden würden. Die meisten Gastwirte kannten wir bereits und bei der Gelegenheit haben neue Kollegen kennenlernen dürfen.
Von der ursprünglichen Route mit 125 km und 4.500 Hm sind wir etwas abgewichen, weil es sonst zeitlich und konditionell schwieriger und stressiger geworden wäre.
Gesamtstrecke: 113,5 km
Höhenmeter: 3.700
Tiefenmeter: 5.430
Verkehrsmittel: Seilbahnen in Welschnofen und zurSeiseralm, Zug von Brixen bis Bozen und von Bozen bis Steinegg mit unserem Elektroauto.
Tag 1 Sonntag: Wanderung von Steinegg nach Welschnofen
Kilometer: 15,5
Höhenmeter: 757
Tiefenmeter: 454
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Die Wanderung haben wir aufgrund der Wetterprognose mit Aussicht auf 10-20cm Neuschnee um einen Tag vorverlegt. Am Sonntag nach dem Mittagessen sind wir hier in Steinegg aufgebrochen und über den Kummerhof zum Kaserer Bild, dann über den Lottersteig und Taufenweg nach Welschnofen gewandert. Die Steige und Wege waren meist schneefrei, ab und zu sehr eisig.
Nach einer Einkehr bei Katja und Christoph im Hotel Friedrich auf einen Cappuccino und einen „Ratscher“, haben wir einige Häuser weiter bei Judit im Berghaus Rosengarten, einem Mitgliedsbetrieb der Bikehotels Südtirol, übernachtet und sehr lecker gegessen.
Tag 2 Montag: Wanderung von Welschnofen nach Völser Aicha
Kilometer: 19,4
Höhenmeter: 643
Tiefenmeter: 1196
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Nach einem leider etwas zu kurzem Schwätzchen mit Judit und ihrer Mutter sind wir zur Seilbahn nach Welschnofen gegangen, vielen Bikern vom Carezza Trail bekannt. Von der Bergstation Frommer sind wir zum Nigerpass und dann über die Baumannschweige hinauf zum Haniger Schweige unterm Rosengarten gewandert, dann hinunter nach St. Cyprian in Tiers und weiter bis nach Völser Aicha.
Obwohl die Route nur vier Kilometer länger war als am Tag vorher und wir einen ganzen Tag zur Verfügung hatten, benötigten wir doch deutlich mehr Zeit, weil wir einen Großteil der Strecke auf Schnee zurücklegten. Bei wolkenlosem Himmel hat sich dieser „Umweg“ über die Haniger Schweige gelohnt: das Panorama unter den Dolomitenzacken des Rosengartens war landschaftlich eines der Highlights der Woche. Schade, dass die Haniger Schweige (1900) im Winter nur am Wochenende offen hat, ein Plausch mit Doris ist immer sehr spaßig.
Der 800 Hm lange Abstieg nach Tiers ging dann ordentlich in die Oberschenkel. Die restlichen 7,5 Kilometer von St. Zyprian zum neuen Hotel Gfell im Gasthof Schönblick war dann noch lang genug.
Unsere Gäste, besonders die Mountainbiker, kennen den Gasthof Schönblick sehr gut: dort kehren wir regelmäßig bei der „Spitzkehren-Tour“ ein. Vielen herzlichen Dank nochmal an Manuela und Andreas, die uns an ihrem freien Tag doch ein leckeres Abendessen aufgetischt haben!
Tag 3 Dienstag: Wanderung von Völser Aicha auf die Seiseralm
Kilometer: 14,1
Höhenmeter: 466
Tiefenmeter: 518
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Vorhang auf: eigentlich hätten wir durch die riesigen Panoramafenster im Hotel Gfell genau den Steineggerhof auf der gegenüberliegenden Talseite sehen müssen, doch so wie vom Wetterdienst angekündigt, schneite es bereits. 5 cm Neuschnee lagen schon auf der Terrasse und es sollten im Laufe des Vormittags 15-20 cm werden. Nach einem ausgiebigen und leckeren Frühstück marschierten bei leichtem Schneefall los. Die frisch verschneite Winterlandschaft sieht ja recht romantisch aus: auf den Wegen muss man doch besonders gut aufpassen, denn unter der Schneedecke verbirgt sich recht geschickt das Eis. Mit Fußeisen konnten wir nicht so gut laufen, weil Schnee, kleine Baumrinden und Nadeln an den Zacken unter den Sohlen kleben blieben und das Gehen erschwerten. So wurde die Wanderung teilweise zur Rutschpartie, die mit intensivem Bodenkontakt endete.
Etwas durchnässt und hungrig kamen wir in Seis an und stärkten uns erst einmal mit Pizza und Grillgemüse. Da die Seilbahn einen technischen Defekt hatte, mussten wir noch etwas länger vor dem Eingang warten und kühlten dabei ordentlich aus. Auf der Seiseralm empfing uns kalter Wind, aber beim Marsch zum Hotel Paradiso wurde uns wieder warm. Da wir etwas früher dran waren, genossen wir die Saunen im fast leeren Wellnessbereich. Das Hotel Paradiso hatten wir ausgesucht, weil dort rein vegetarisch/vegan gekocht wird. Die Besitzer betreiben noch das Vegane Hotel La Vimea in Naturns und das vegane Hotel I Pini in der Toscana.
Mit Chef Alexander konnten wir uns am Abend noch sehr gut über die Philosophie unserer Betriebe unterhalten, die sich stark ähnelt und voll in Richtung naturnahem Wirtschaften geht. Man sieht auch beim Essen, dass sich durch die vegane Küche ganz andere Geschmacksrichtungen auftun, als bei der klassischen Küche. Es war sehr lecker!
Tag 4 Mittwoch: Wanderung von der Seiseralm nach Wolkenstein
Kilometer: 15,8
Höhenmeter: 242
Tiefenmeter: 703
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Wow! Der Mittwochmorgen begrüßte uns mit wolkenlosem Himmel. Am 4. Tag merkten wir schon eine leichte Müdigkeit, ein Stündchen länger im Bett wäre gar nicht übel gewesen…
Aber wir mussten weiter und die weite frisch verschneite Landschaft der Seiseralm mit dem einzigartigen Blick auf die Dolomitenbergen hat schon was Besonders. Auf den verschneiten Wanderwegen waren noch wenig Menschen unterwegs und so stapften wir durch knöchelhohen Pulverschnee bis Saltria. Dort trafen wir zufällig unseren Nachbarn Andreas der mit seiner Band The Snoops einen Auftritt auf einer Almhütte hatte.
Kurz nach Saltria auf dem Weg nach Monte Pana kam uns ein eBiker entgegen: was für eine Überraschung! Es war Günter Prinoth vom Bikehotel Piccolo in Wolkenstein, bei dem wir die nächste Übernachtung gebucht hatten. Er war der Meinung, wir würden zum Skifahren ins Grödner Tal kommen und hatte uns nicht auf der Alm im Wanderoutfit vermutet. Und wir hatten in dieser tollen Winterlandschaft mit seinen Skifahrern und Langläufern nicht erwartet, einem eBiker zu begegnen.
Nach einer kurzen Mittagspause in Monte Pana wanderten wir weiter bis nach Wolkenstein. Günther hatte uns noch einen Tipp gegeben, wie wir über einen schönen Weg direkt bis zu seinem Hotel gelangen konnten. Nach einem leckeren Cappuccino und einem herzlichen Gespräch unter Kollegen machten wir noch zwei entspannte Saunagänge und ließen uns das leckere Abendessen schmecken. Lieber Günther, vielen herzlichen Dank für die Einladung, wir freuen uns schon auf deinen Gegenbesuch bei uns Steinegg. Durch Corona hatten wir uns lange nicht sehen und dann tut es doppelt gut, wenn man wieder einmal ein Ratscherle (Schwätzchen) machen kann.
Tag 5 Donnerstag: Wanderung von Wolkenstein nach Barbian
Kilometer: 26,2
Höhenmeter: 749
Tiefenmeter: 1460
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Die Etappe vom Hotel Piccolo in Wolkenstein bis nach Barbian war die Königsetappe und das heißt, sie war lang, lang, noch länger.
Sehr interessant war der Weg entlang der alten Bahnstrecke. In der Zeit zwischen dem 1. Weltkrieg und 1960 verkehrte eine kleine Bahn zwischen Waidbruck und Wolkenstein, gebaut in nur drei Monaten von russischen Kriegsgefangenen, unter den widrigsten Umständen, leider mit hohen Verlusten unter den Arbeitern. Bis St. Ulrich war der Weg fast schneefrei. Ab St. Ulrich folgtem wir dem „Poststeig“, wo das Weiterkommen durch Schnee und Eis wieder schwieriger wurde. Die belegten Brote, die wir in St. Ulrich gekauft hatten, ließen wir uns auf einer sonnigen Bank in der Nähe von St. Peter schmecken und in Lajen haben wir zur Stärkung noch Cappuccino und Apfelstrudel genossen.
Der lange Abstieg nach Waidbruck mit 650 Tm hatte es noch einmal in sich. Sonjas Bluterguss am großen Zeh schmerzte und wir beschlossen, auch weil es doch schon fast 18 Uhr war, mit dem Bus nach Barbian zu fahren… leider zu spät: so blieb uns nichts anderes übrig, als die 400 Hm bei 26 % Steigung zu Fuß zu bewältigen, teilweise im Dunkeln. Nach einer Stunde Aufstieg waren endlich in Barbian. Im Hotel zur Traube bei Fam. Rabanser haben wir übernachtet. Nach einem traditionellen und sehr schmackhaften Abendessen sind wir früh waren wir zu Bett: Augen zu und Gute Nacht!
Tag 6 Freitag: Wanderung von Barbian nach Feldthurns
Kilometer: 12,7
Höhenmeter: 654
Tiefenmeter: 632
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Die heutige Route war eher kurz, aber gab es zwei längere Abstiege und sehr steile Anstiege zu überwinden. Ab Barbian wanderten wir bei sonnigem Wetter auf dem „Keschtnweg“ (Kastanienweg) auf der Sonnenseite des Eisacktals bis nach Feldthurns. Die Vegetation war hier schon ganz anders, teilweise waren die Wiesen schon sehr grün und erste Blümchen zeigten sich. In Südtirol hat es seit dem Herbst nicht mehr ordentlich geregnet und der wenige Schnee macht keine Wiese fett. Man freut sich ja über schöne sonnige Tage und zum Glück zogen einige Wolkenfelder durch, sonst wäre es schon fast zu heiß geworden. Beim Blick ins Eisacktal sah man die Autobahn mit endlosen LKW-Kolonnen und im Hintergrund die verschneiten Dolomiten.
Kurz vor Klausen war der Weg gesperrt. Einen Umweg zu gehen hätte zu lange gedauert, so wagten wir uns weiter, im Grunde war es kein Problem, aber durch die Bauarbeiten waren die Schilder und Markierungen nicht mehr sichtbar. So gelangten wir in den Thinnebach: der einzige Weg über den 50 cm tiefen Bach war eine „Brücke“ aus Eis, das sich um einen Baumstamm gebildet hatte. Die Überquerung ganz nach dem Motto „Try and Error“ wäre sicher nicht Jedermanns Sache. Leicht machen und schnell drüber - ein eiskaltes Bad nehmen wäre jetzt nicht so angenehm gewesen.
Alles gut gegangen!
Dann war noch der Anstieg zum Kloster Säben hoch, weiter bis Pardell und Verdings (insgesamt waren es 300 Hm) zu bewältigen, und zur Belohnung gab es gemütlich relativ flache 3 Km bis zum Hotel Taubers Unterwirt in Feldthurns, das ebenfalls Mitglied der Bikehotels ist. Nach einem kurzen Austausch mit Chefin Helene gönnten wir uns einen kleinen Imbiss und einen entspannten Nachmittag im Wellnessbereich. Am Abend gab es wieder ein vorzügliches Abendessen, wie auch in allen anderen Hotels vorher auch. Jeder Koch hat seinen eigenen Stil und die ganze Vielfalt an Gerichten, die man kreieren kann, das macht den Beruf des Kochs so einzigartig.
Tag 7 Samstag: Wanderung von Feldthurns bis Brixen
Kilometer: 9,8
Höhenmeter: 189
Tiefenmeter: 468
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Beim Frühstück schaute noch Hotelchef Helmut, Helenes Bruder, auf einen Ratscher vorbei, bevor wir uns auf den Weg nach Brixen machten.
Die letzte Etappe von Feldthurns nach Brixen war kurz und entspannt. Nach gut zwei Stunden waren wir in Brixen, wo die Überquerung der Autobahn (über eine Brücke!! Nicht dass ihr meint, wir wären über die Autobahn gerannt) ein Willkommensgruß in der Zivilisation war. Da war es vorerst vorbei mit Ruhe und guter Luft, erst in der Altstadt wurde es wieder beschaulicher. Ich glaube in den ersten 30 Minuten haben wir so viele Menschen gesehen, wie sonst in der ganzen Woche.
Gerne hätten wir auch noch im Hotel Krone in Brixen bei unserem Freund Alex Resch übernachtet (auch er ist Mitglied der Bikehotels Südtirol und wir kennen uns schon eine kleine Ewigkeit), aber das Hotel war geschlossen und die Familie bei einer Geburtstagsfeier.
Nach einem wohlverdienten Abschlussessen im Restaurant Fink mit leckeren vegetarischen und veganen Gerichten von Chef Florian machten wir uns auf zum Zugbahnhof, um nach Bozen zu fahren.
Unsere Kinder Lisa und Tom waren mit Oma Marianne in der Orchideenwelt und nahmen uns mit unserem Elektroauto mit nach Hause.
Eine tolle Woche mit vielen Eindrücken war zu Ende! Besonders gefreut haben uns aber die Menschen, die wir besuchen durften und mit denen wir uns prächtig unterhalten haben. Corona hat uns zwei Jahre lang auf Abstand gehalten und wir hoffen, dass wir bald in ein „normales“ Leben zurückkehren können.
Wir möchten alle ermutigen, einmal so eine mehrtägige Wanderung oder Bike-Tour zu unternehmen. Das geht auch von zu Hause aus, ohne Auto und mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Wir planen jetzt schon die nächsten Routen, die auch nur 2 oder 3 Tage lang sein können. Die Kombination von Wandern und Wellness hat uns gut gefallen! In der Nebensaison bekommt man auch kurzfristig noch Zimmer für eine Übernachtung, es ist günstiger und die Orte sind nicht so überlaufen.
Von der Klimabilanz war die Woche dann auch perfekt, ok, einige Hotels könnten bei der CO2 Bilanz noch etwas nachbessern, aber einige sind da schon recht fix.
Kurt & Sonja
Biohotel Steineggerhof